Alles zu Energiegemeinschaften im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG)
Österreichs Gesamtstromverbrauch soll bis 2030 bilanziell zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Bis 2040 soll zudem eine vollständige Klimaneutralität erreicht werden. Zur Realisierung dieser äußerst ambitionierten Ziele möchte der Gesetzgeber im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) gezielte Maßnahmen umsetzen. Die darin enthaltenen Förderungen umfassen Photovoltaik, Windenergie, Wasserkraft sowie Biomasse. Insbesondere Photovoltaik wird bei der Zielerreichung eine große Rolle spielen: bis 2030 sollen 1.000.000 Dächer in Österreich mit PV-Anlagen ausgestattet worden sein und 11 Terawattstunden (TWh) Strom zusätzlich aus PV erzeugt werden.
Der Beitrag befindet sich auf dem Stand der kürzlich im Nationalrat beschlossenenen Regierungsvorlage.
EAG: Energiegemeinschaften in Österreich
Die Errichtung von gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen ist grundsätzlich schon seit der „kleinen“ Ökostromnovelle 2017 möglich und war bisher lediglich in § 16a ElWOG normiert. Das EAG setzt nun die nächsten Schritte. Aufbauend auf der Vorstellung des Erneuerbaren Ausbau Gesetzes soll dieser Beitrag die Energiegemeinschaften des EAG in den Mittelpunkt rücken. Hierbei handelt es sich stets um einen Zusammenschluss von mindestens zwei Personen in Form einer Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit, Die genaue Ausgestaltung und Zielsetzung variiert jedoch. Diese ist vor allem davon abhängig, ob es sich um eine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft oder eine Bürger-Energiegemeinschaft handelt.
Diese neuen Formen der gemeinschaftlichen Energienutzung bzw. -vermarktung erleichtern es, am Energiemarkt teilzunehmen. Dabei steht es den Gemeinschaften zusätzlich auch frei, ob sie den erzeugten Strom ausschließlich an ihre Mitglieder weitergeben oder zusätzlich auch Überschuss-Energie in das öffentliche Stromnetz einspeisen. Das EAG ermöglicht sogar den Zusammenschluss von Privaten und lokalen Behörden.
- Welche Merkmale haben diese Energiegemeinschaften?
Allgemein wird zwischen zwei Arten von Energiegemeinschaften, welche auf zwei verschiedenen EU-Richtlinien beruhen, unterschieden: Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft und Bürger-Energiegemeinschaft. Nachfolgend möchten wir die wichtigsten Charakteristika der EAG darstellen!
Unterschiede: Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft und Bürger-Energiegemeinschaft
Grundprinzipien von Energiegemeinschaften
Die Grundprinzipien gelten sowohl für die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft als auch die Bürger-Energiegemeinschaft:
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Wer darf teilnehmen?
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft | Bürger-Energiegemeinschaft |
Mindestens zwei Mitglieder/Gesellschafter:
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Mindestens zwei Mitglieder/Gesellschafter:
Gebietskörperschaften |
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft: kein Ausschluss aufgrund Größe –> Teilnahme für größere Photovoltaikparks- bzw. Projekte möglich (wichtig: keine Kontrolle durch Versorger oder Stromhändler iSd ElWOG)
Welche Mitglieder/Gesellschafter dürfen Kontrolle ausüben bzw. Entscheidungen treffen?
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft | Bürger-Energiegemeinschaft |
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Rechtsform der Energie-Gemeinschaft
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft & Bürger-Energiegemeinschaft |
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Tätigkeiten
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft | Bürger-Energiegemeinschaft |
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Energiedienstleistungen für Mitglieder (z.B. Energieeffizienzdienstleistungen, Ladedienstleistungen für Elektrofahrzeuge) |
Gewinnerzielung
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft & Bürger-Energiegemeinschaft |
Kein Hauptzweck
(„Zufalls-Gewinne“ durch Verkauf von Überschuss-Energie möglich, dann jedoch verpflichtende Verteilung an die Mitglieder) |
Weitere Unterschiede
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft | Bürger-Energiegemeinschaft | |
Nähe zwischen Erzeugern und Verbrauchern | Notwendige Verbindung zwischen Erzeugungs- und Verbrauchsanlage (enges, geografisches Gebiet) | Verteilung über ganz Österreich möglich –> daher stärkere Anforderungen an Datenaustausch mit Netzbetreibern (§ 16e Abs 2 ElWOG) |
Förderung von Investitionen | Investitionsförderung iSd EAG möglich (Antrag pro Anlage einzubringen) | Keine Erwähnung dieser Möglichkeit im Entwurf des EAG bzw. in Erläuterungen |
Formale Erfordernisse | Verträge und Gründungsdokument | Verträge und Gründungsdokument |
Systembenutzungsentgelte | Erleichterungen vorgesehen | Keine Erleichterungen vorgesehen |
Contracting- und Leasingmodelle | zulässig | zulässig |
Aus den oben dargestellten Rahmenbedingungen für Energiegemeinschaften in Österreich ergeben sich gerade aus gesellschafts- und steuerrechtlicher Sicht äußerst spannende Fragestellungen.
Welche Rechtsform für die Energiegemeinschaft wählen?
Wichtig wird sein, die den gewünschte Kontroll- bzw. Gesellschafterstrukturen entsprechende Rechtsform für die Energiegemeinschaft zu wählen. Zusätzlich zu berücksichtigen sind Themen wie die beschränkte bzw. unbeschränkte Haftung der Mitglieder /Gesellschafter, (Stamm-)Kapitalerfordernisse oder etwaige Mindeststeuern. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Energiegemeinschaften nicht primär auf Gewinn ausgerichtet sind, da die Tätigkeit gegenüber den Mitgliedern erfolgen soll und somit – zumindest in der Theorie – auch kein Mitbewerb zu den Energieversorgern entstehen soll. In den Erläuterungen wird in diesem Zusammenhang auch von Gemeinnützigkeit gesprochen, woraus viele Fragestellungen resultieren.
Dabei ist jedoch noch nicht geklärt, ob der „Gemeinnützigkeitsgriff“ des EAG (aus der EU-Richtlinie übernommen) inkl. Erläuterungen überhaupt jenem des österreichischen Steuerrechts (§ 34 der Bundesabgabenordnung) entspricht. Insbesondere jene Passagen (siehe o.a. Tabelle), welche die Gewinnerzielung und Verteilung an die Mitglieder in einem gewissen Maße (ohne das Maß genau zu definieren) zulassen, sorgen dabei für offene Fragen.
Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist zu entnehmen, dass die Gemeinnützigkeit der Gemeinschaft bei Gründung in die Satzung/das Gründungsdokument aufgenommen werden sollte. Diesem Zweck könnte man z.B. auch durch Verwendung einer gemeinnützigen GmbH nachkommen. Gleichzeitig wäre jedoch zu prüfen, wie sich die Rücklagenbildung und Gewinn-Thesaurierung der GmbH mit der im EAG normierten Gemeinnützigkeit (und sofortigen Gewinnzuwendung an Mitglieder) vereinbaren lässt.
TPA Tipp:
Außerdem: Ab dem 1. Jänner 2024 ist die Mitgliedschaft mit einer Verbrauchs- oder Erzeugungsanlage an mehr als einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage, Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft oder Bürger-Energiegemeinschaft zulässig (§ 111 Abs 8 ElWOG).
- Energiegemeinschaften in der Umsatzsteuer
Vorab: das EAG enthält keinerlei Ausführungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung. Aus diesem Grund ist derzeit noch unklar, ob das allgemeine Umsatzsteuerrecht überhaupt Anwendung finden kann/soll. Nachdem § 2 UStG den Unternehmerbegriff sehr großzügig definiert (Absicht zur Einnahmenerzielung bei selbstständiger und nachhaltiger Tätigkeit reichen aus), sollten Energiegemeinschaften uE als Unternehmer iSd UStG zu qualifizieren sein. Es wird jedenfalls keine umsatzsteuerliche Liebhaberei vorliegen, da diese eine ausschließliche persönliche Neigung verlangt
Nachdem die Umsatzsteuer ein für die Investitionsentscheidung höchstrelevanter Faktor ist, wird die Frage des Vorsteuerabzugs bei der Investition in Erzeugungs- und Speichereinrichtungen im Mittelpunkt stehen. Aufgrund der Ausgestaltung der Energiegemeinschaft als eigenständige Rechtspersonen und sich daraus ergebenden Trennung von den Mitgliedern, sprechen gute Argumente für den Vorsteuerabzug bei Investition. Notwendig dafür wäre ein fremdüblicher Leistungsaustausch zwischen Gemeinschaft und Mitgliedern (Verrechnung der von der Gemeinschaft erzeugten und von den Mitgliedern verbrauchten Energie ab der ersten Einheit). Damit wäre die von § 2 Abs 1 UStG normierte Einnahmenerzielung gewährleistet. Für den Anteil der in das öffentliche Stromnetz eingespeisten Energie stellen sich derartige Fragen nicht und ein Vorsteuerabzug sollte daher uE jedenfalls möglich sein.
Ein Beispiel hierfür wäre eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) als Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft, welche mittels auf dem Hausdach errichteter PV-Anlage Strom erzeugt und diesen zur Versorgung der Hausbewohner nutzt. Es würde in diesem Fall zu einer monatlichen Verrechnung des verbrauchten Stroms kommen. Überschussenergie könnte dabei entweder in das öffentliche Netz eingespeist oder alternativ gespeichert werden. In diesem Fall würde der Vorsteuerabzug voraussichtlich zur Gänze zustehen.
- Fazit und Ausblick für Energiegemeinschaften im EAG 2020
Die Energiegemeinschaften des EAG bringen eine Vielzahl spannender und durchaus attraktiver Anwendungsmöglichkeiten. Aufgrund der freien Rechtsformwahl und zahlreicher darüberhinausgehender Ausgestaltungsmöglichkeiten wird es darauf ankommen, die passendste Organisationsstruktur zu identifizieren. Gestaltungsspielraum ist jedenfalls zur Genüge vorhanden.
Die vorliegende Regierungsvorlage inkl. Erläuterungen wirft jedoch einige Zweifelsfragen auf. Beispielsweise verwundert der Umstand, dass im Rahmen des EAG keine Investitionsförderungen für Bürger-Energiegemeinschaften – sehr wohl jedoch für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften – vorgesehen sind.
Unklar ist darüber hinaus, ob im Rahmen des EAG tatsächlich ein zusätzlicher Gemeinnützigkeitsbegriff geschaffen wurde. Nachdem dieser aus der EU-Richtlinie übernommen wurde, deckt er sich klarerweise nicht mit dem in der Bundesabgabenordnung (BAO) normierten Gemeinnützigkeit: Während § 34 BAO den Begriff an das Kriterium der Förderung der Allgemeinheit knüpft, sieht das EAG das Erfordernis der Erzielung von Vorteilen für die Mitglieder/Gesellschafter (und der Gebiete vor Ort). Dazu kommt, dass bisher keine numerischen Grenzen für die Gemeinnützigkeit (Stichwort Vermarktung von Überschussenergie mit Gewinnspanne) normiert wurden.
Es ist unsers Erachtens zu erwarten, dass diese jedenfalls benötigten Klarstellungen und Präzisierungen zu späterem Zeitpunkt im Verordnungsweg erfolgen werden.
Kontaktieren Sie unsere Experten, wenn Sie Fragen zum EAG und Energiegemeinschaften in Österreich haben!
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